Prof. Dr. Damrau Kommentar muss zu §8 PfandIV korrigiert werden – offensichtliche Fehler!
Widerspruch zur herrschenden Lehre des "versicherten Interesses"
Bezüglich der Kommentierung zu §8 Pfand IV „Versicherung“ fehlt es, nach unserer Auffassung bei den Schlussfolgerungen von Prof. Dr. Damrau, an einem Rechtsgrund. Deutlich wird dies anhand der Begründungen in Absatz 7c: "...der Eindruck erweckt..." und "...der Kreditnehmer nimmt deshalb an...".
Nachfolgend zeigen wir den Widerspruch gegenüber den den Bestimmungen des Versicherungsvertragsrechts und insbesondere Interessenlehre des Versicherungsrechts auf, sowie Üblichkeit, welche seit der Preußischen Gesetze und Verordnungen für das Pfandleihergewerbe gilt (BGH, Aktenzeichen VII ZR 107/15). Berücksichtigt man die gültige Rechtslage, kommt man zu einem anderen Ergebnis als Prof. Dr. Damrau in seinen Ausführungen.
Vorsorglich weisen wir daraufhin, dass derzeit Corona dem Verfasser nicht den Zugriff auf die Wissenschaftliche Bibliothek in Köln zulässt. Sobald dies wieder möglich ist, wird diese Ausführung ergänzt.
[Damrau]: "Die Versicherungssumme tritt nun nicht …. an die Stelle der Pfandsache."
Die Versicherungssumme kann nicht an die Stelle der Pfandsache treten. Die Versicherungssumme ist nicht gleich zu setzen mit einer Entschädigung. Der Kreditnehmer hat nicht die Pflicht, die ihm zukommende Entschädigung dafür zu verwenden, ein neues Pfand als Sicherheit für die Darlehensforderung zu stellen.
Der Erhaltungsgrundsatz des Pfandes
Die Versicherung der Pfänder gemäß § 8 PfandIV dient zum Erhalt des Pfandes. Hierbei handelt es sich um eine ständige gesetzliche Verordnung seit dem Preußischen Gesetz für das Pfandleihgewerbe vom 17.3.1881. Gemäß § 3 Abs. 6. ist zur Erhaltung des Pfandes, dieses gegen Feuer und Einbruch zu versichern. An Stelle des Pfandes als Sache, tritt der wirtschaftliche Wert des Pfandes. Dem Pfandleiher als Versicherungsnehmer steht das Verfügungsrecht über den Versicherungsanspruch zu. Folgerichtig führt Damrau aus: "Der Pfandleiher ist Inhaber des Entschädigungsanspruchs." Demzufolge hätte der Pfandgeber Anspruch auf Herausgabe des wirtschaftlichen Werts des Pfandes, nur durch Rückzahlung des Darlehens zzgl. Zinsen und Gebühren.
Bedarfsdeckung statt Zahlung einer Versicherungssumme
Bei der Feuerversicherung handelt es sich um eine Schadensversicherung und nicht um eine Summenversicherung. Die Schadenversicherung ist durch die Regelung geprägt, dass im Versicherungsfall die Versicherungsleistungen, die das Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer zu zahlen hat, abhängig von der konkreten Schadenhöhe bestimmt wird. Sie bildet damit das Prinzip der konkreten Bedarfsdeckung ab, bei der die Versicherungsleistung den durch den Schaden entstandenen Mittelbedarf deckt. Dem Versicherungsnehmer wird bei fehlender Reinvestition wie vereinbart der Zeitwert erstattet.
[Damrau]: "In den Motiven zur PfandlV ist nur davon die Rede, dass die Versicherung ,,.. . 1 c ... dem Schutz des Verpfänders" dienen soll.4 ... (4 Amt!. Begr. zu § 8 Pfand)V, abgedr. als Anh. II.)"
Die Begründung zum §8 PfandIV ist dahin zu verstehen, dass zum Schutze des Verpfänders als Taxe nicht nur der einfache, sondern der doppelte Darlehensbetrag versichert wird. Weitere Schutzmaßnahmen sind nicht erwähnt. In die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen des Versicherungsvertrags wird nicht eingegriffen, sondern sogar bezüglich des Raubrisikos auf eine Branchenüblichkeit verwiesen.
[Damrau]: "Konsequenz: Der Pfandleiher mag seinen Verlust selbst versichern."
Versichert ist das Eigen- und Fremdinteresse
Es gibt die Vermutung der ausschliesslichen Eigenversicherung. Fremdversicherung muss vereinbart werden, ist in vielen Bedingungen vorgesehen, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Beteiligten gibt. Hilfreich wäre, wenn der Gesetzgeber zum Pfandrecht vorschreiben würde, dass das Interesse des Pfandgebers mitversichert werden soll. Sonst bliebt immer der konkret Fall zu betrachten. Ist es nicht mitversichert, gibt es auch nichts zu holen für den Pfandgeber. Das widerspricht wohl nicht der Absicht des Gesetzgebers.
Der Leitgedanke das Pfand zu versichern ist, dass der Pfandleiher bei Verlust der Pfandsache sich hieraus nicht befriedigen kann und deshalb zur Erhaltung dieses versichert. Das Eigeninteresse am wirtschaftlichen Wert des Pfandes besteht aus dem Darlehen, sowie den Zinsen und Gebühren. Die Ursprünge des §8 PfandIV, -Versicherung zum doppelten Darlehnsbetrag-, werden in dem Kommentar zum Preußischen Pfandleihgesetz unter Berücksichtigung der außerpreußischen Gesetze. (Verlag: De Gruyter; |; Jahr: 1929/2020) erläutert. Die damalige Landesverordnung in Hamburg beinhaltet die Pflicht, dass zum Erhalt des Pfandes, dieses gegen Feuer und Einbruch zum doppelten Darlehnsbetrag zu versichern ist. Diese Regelung betraf das damalige öffentliche Leihamt. Das Leitmotiv kann nur das öffentliche Interesse am Erhalt des wirtschaftlichen Wertes des Pfandes gewesen sein. Vordergründig das kommunale Interesse der Hansestadt Hamburg, bei Verlust des Pfandes durch Darlehnsausfall den Mittelbedarf abzusichern, um den entstandenen Vermögensschaden abzudecken. Als weiteres Motiv sollte auch das Fremdinteresse des Pfandgebers am wirtschaftlichen Wert des Pfandes, versichert werden. Im Regelfall wird der Pfandleiher immer mindestens mit 50% des Pfandwerts, das Pfand beleihen. Folglich ist der wirtschaftliche Wert des Pfandes, in der Regel, mit einer Taxe zum doppelten Darlehnsbetrag gedeckt. An einer höheren Taxe fehlt es an einem versicherten Interesse, heute wie damals.
Im Kommentar zum Preußischen Pfandleihgesetz von 1929 wird ausdrücklich auf die Bedarfsdeckung hingewiesen, das dem Pfandgeber nur der wirtschaftliche Schaden zu erstatten ist.
Die Kosten der Versicherung wurden in der Gebührenordnung festgelegt. Mit den Gebühren soll der Aufwand des Pfandleihers, mit der Darlehnsgewährung, auch die Versicherung des Eigeninteresses, abgegolten werden. Wenn der Verpfänder nur ein geringes Darlehen benötigt, aber eine recht wertvolle Sache verpfändet, um Zinsen und Kosten zu sparen, so ist eine Höherversicherung nicht in den zu zahlenden Gebühren enthalten. Konsequenz: Der Pfandgeber mag sein Pfand selbst höher versichern.
Das Sacherhaltinteresse ist der Wert des Pfandes und somit der zu ersetzende versicherte Vermögensschaden. Ein weiterer wirtschaftlicher Schaden entsteht dem Pfandleiher durch Ausfall von Zinsen und Gebühren. Diese werden im Versicherungsvertrag üblicherweise als Kostenposition zusätzlich mitversichert.
[Damrau]: "Es handelt sich damit um eine sog. Schadensversicherung für fremde Rechnung"
Hierzu verweise ich auf die Lehre des versicherten Interesses in der Sachversicherung: An einer Sache können verschiedene Interessen nicht nur des Eigentümers, sondern mehrerer Personen bestehen. Der Versicherungsfall führt zu unterschiedlichen Ansprüchen bei den einzelnen „Interessenten“. Folglich erhält jeder sein versichertes Interesse. Die Ausführung, dass es sich um eine reine Fremdversicherung handeln soll und der Verpfänder, ohne Rückzahlung des Darlehns, auch das Interesse des Pfandleihers erhält, findet im Versicherungsrecht keine Stütze. Es handelt sich zunächst um eine Eigenversicherung des Pfandleihers. Es kann sich auch um eine Versicherung von fremden Interessen an fremden ( beliehenen) Sachen für eigene Rechnung handeln. Der Anspruch des mitversicherten Pfandgebers ergäbe sich dann im Innenverhältnis in Höhe seines versicherten Interesses.
Der Begriff des Interesses, bezeichnet nach der herrschenden Lehre, die Rechtsbeziehung einer Person zu einem Vermögensgut, dessen Beeinträchtigung ihr einen wirtschaftlichen Nachteil bringt. Es ist der für möglich gehaltene Vermögensnachteil. Man geht dabei von der Sache weg, steigt eine Abstraktionsstufe empor und schafft für diese verschiedenen Rechtsbeziehungen einen gemeinsamen Oberbegriff.
Hierzu verweise ich auch auf den BGH, Urteil vom 16.03.1994, IV ZR 282/92.
[Damrau]: "Der Pfandleiher hat also eine Schadensversicherung im fremden Interesse … abzuschließen."
Gemäß §8 PfandIV ist nur der Abschluss einer Versicherung zum doppelten Darlehnsbetrag gefordert. Folglich wird der Bedarf für das Eigen- und Fremdinteresse gedeckt. Weitere Regelungen wurden nicht getroffen, sondern auf die Üblichkeit verwiesen. Folglich gelten die Regelungen des VVGs und der Versicherungsbedingungen.
[Damrau]: "Wenn der Versicherungsvertrag des Pfandleihers über den Mindestumfang des § 8 PfandlV hinausgeht und er dieses nicht in seinen AGB dem Kreditnehmer bekannt gegeben hat (z.B. "die Sache ist zum dreifachen Darlehenswert versichert"), so versichert der Pfandleiher insoweit sein eigenes Interesse."
Sollte der Wert des Pfandes den doppelten Darlehnsbetrag übersteigen, so ist das versicherte Interesse höher als die versicherte Taxe. Die Taxe kann entsprechend angepasst werden. Für eine grundsätzliche Erhöhung der Taxe auf den dreifachen Darlehnsbetrag dürfte im Regelfall ein versichertes Interesse fehlen, da Pfänder, im Regelfall, über 50% des Wertes beliehen werden.
Beachtet werden sollte auch die Regelungen des § 80 VVG Fehlendes versichertes Interesse Abs. 1; „..Versicherungsnehmer ist nicht zur Zahlung der Prämie verpflichtet…“, und Abs. 3; „Hat der Versicherungsnehmer ein nicht bestehendes Interesse in der Absicht versichert, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig;“
In §§ 74-87 VVG n. F. spiegeln sich weiterhin das Leitbild der Schadensversicherung wider und zielen prinzipiell auf die Bedarfsdeckung ab. Trotz Lockerung des Bereicherungsverbots, kann es jedoch nicht zur Folge haben, dass völlig freie Summenvereinbarungen, wie zum Beispiel „doppelter oder auch dreifacher Darlehnswert“, ausgehandelt werden können.